Portrait Edgar Franke

Erinnerungen sind ein Teil der Identität, weil sie die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden. Wenn wir uns erinnern, werden frühere Erlebnisse und Erfahrungen wiederbelebt. Und das recht umfassend: Szenen, die wie ein Film ablaufen, Geräusche und Klangfarben, oft auch Gerüche und vor allem Gefühle.


Der Existenzialist Sartre hat gesagt, der Mensch bestehe nur aus einer Summe von Handlungen. Aber gerade Kindheitserinnerungen prägen einen Menschen das ganze Leben. Meine Erinnerungen stehen für mein bisheriges Leben. Was ich in meiner Vergangenheit erlebt und getan habe, hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Er hat aber auch gesagt, der Mensch schafft sich selbst und resultiert aus seiner Existenz. Schaffen wir unsere Existenz, schaffen wir auch unsere Erinnerungen. Das Gedächtnis umfasst die gegenwärtige Vergangenheit. Denn die Erinnerungen an frühere Erlebnisse klammern all diese Eindrücke stets an die eigene Person und verleihen ihr so eine Identität. Wenn diese Erinnerungen aber auf der Festplatte gelöscht sind, also das Gedächtnis verloren geht, bedeutet das dann auch, dass ein Stück der Persönlichkeit, der eigenen Identität, verloren geht.


Demenzkranke Menschen werden von ihrer Vergangenheit eingeholt: Wenn die Erinnerung an die jüngere Vergangenheit schwindet, bleiben nur noch Erinnerungen, oftmals traumatische Erlebnisse, aus den Jugendtagen und den ersten Erwachsenenjahren. Sie werden aber als reale Gegenwart aufgefasst. Bei Erinnerungen an Personen und Handlungsweisen werden von den Betroffenen Versuche unternommen, die erinnerte Person zu finden beziehungsweise die erinnerte Handlung auszuführen. Auch wenn sich Menschen mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz im Laufe der Zeit nicht mehr richtig orientieren können – in der Welt ihrer Erinnerungen finden sie sich oft noch lange zurecht.


Die Journalistin Franca Magnani hat einmal gesagt: „Wer sich gern erinnert, lebt zweimal.“ Und so empfinde ich meine Erinnerungen als einen kostbaren Schatz, den ich sorgsam pflege, damit ich so wenig wie möglich vergesse.


Edgar Franke

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